Wenn ich an Weinbau denke…
…dann denke ich an: Natur, Genuss, Arbeit & Kreativität. Vorsicht: Der vorliegende Artikel entbehrt nicht einer gewissen Romantik – aber das kann ich kaum ändern, denn ich mag meinen Job einfach gerne.
Natur
Wein anbauen bedeutet, im Einklang mit der Natur zu leben und zu arbeiten. Das heißt konkret, sehr viel Zeit draußen in den Weinbergen zu verbringen. Also jeden Tag herrliche Sonnenaufgänge erleben, entspannt durch die Weinberge schlendern und den unvergleichbaren Duft von Reben und Kräutern aufsaugen? Naja, manchmal. Denn Winzer sein heißt den kompletten Jahreszyklus mitzugehen: Frühling, Sommer, Herbst und Winter; Kälte, Nässe, Hitze, Sonne – man ist hineingenommen in einen Ablauf, in dem man regelmäßig einfach tun muss, was gerade getan werden soll.
Das soll einer gewissen Romantik des Winzerberufs keinen Abruf tun, doch an verregneten Arbeitstagen, wenn man durchnässt im Auto auf dem Weg nach Hause sitzt, dann grübelt man schon manchmal über die Vorzüge eines Bürojobs nach. Aber dann denkt man daran, dass jeder Tag anders ist, dass der Weinberg kein Fließband ist, man denkt an die heißen Sommertage, an denen man früh aufsteht und Sonnenaufgänge im Weinberg erlebt, für die andere im Urlaub ihr Ausschlafen opfern und auch noch meilenweit laufen.
Genuss
Hochgenuss ist, wenn alle fünf Sinne auf ihre Art Erfüllung erhalten. Der Weinbau bietet dafür eine ganze Reihe an Möglichkeiten: Im Frühjahr ist es das Mitansehen wie die Natur aus dem Winterschlaf erwacht, wie die Reben von der Knospe aus einen ganz neuen Wuchs entfalten. Aber es gibt nicht nur was zu sehen, sondern auch zu riechen, da die Pflanzen und Kräuter im Weinberg herrlich duften. Auch für die Ohren hat der Weinbau Einiges zu bieten: Sei es die Stille im Weinberg, vor allem im Winter, sei es das Zirpen der Grillen im Sommer oder der Wind, der ganzjährig mal mehr mal weniger heftig durch die Rebzeilen säuselt oder peitscht. Man kommt nicht umhin, ganzjährig seine Hände zu benutzen – zur Ertragsreduktion, zum Humus ausbringen, zum Entfernen von doppelten Trieben – aber natürlich auch, um eine Flasche Wein zu öffnen. Womit wir beim fünften Sinn sind, dem Schmecken. Denn Wein anbauen heißt auch, im Herbst Trauben zu probieren, diese zum richtigen Zeitpunkt zu keltern und sie später im Weinkeller zu verfeinern. Kurz und gut: Das Winzerdasein ist ganzjähriger Genuss mit allen Sinnen!
Arbeit
Natürlich ist Weinmachen auch Arbeit. Mal mehr (vor allem im Mai und Juni, wenn die Reben wie wild wachsen), mal weniger (nach der Ernte, im Advent zum Beispiel). Das Schöne daran ist die Abwechslung, sind die vielen einzigartigen Momente, die so manchen langen Arbeitstag wieder wettmachen.
Kreativität
Man kann Wein nach Schema F anbauen. Zugegeben: Viele Arbeitsschritte im Weinbau sind einfach überall gleich. Jeder Winzer braucht einen Traktor und Maschinen, jeder macht mehr oder minder ähnliche Handgriffe – vom Weinberg bis zur Weinflasche. Aber wie beim Kochen gibt es hier Unterschiede: Nudeln mit Pesto ist wohl eher keine Kunst, aber einen Steinbutt an Kohlrabi und Senfkorn mit einem Hauch von Vanille und Zitrus – naja, das kocht eben nicht jeder einfach so. Genauso ist es beim Weinmachen: Sobald man Schema F hinter sich lässt bieten sich unendlich viele Variationsmöglichkeiten, sowohl im Weinberg als auch im Keller. Und das ist es, was wir am Vinifizieren lieben: Das Ausprobieren, das Streben nach Exzellenz und das gerne auch fernab bereits ausgetretener Pfade.